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Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück:

Steinzeit-Sternwarten in Osnabrück?

Dr. Andreas Hänel
Artikel aus: "Der Osnabrücker Bürger", 69, 1993:  Steinzeit-Sternwarten in Osnabrück?  

Großsteingrab bei Jeggen im Mondlicht, Andreas Hänel

Die Astronomie wird häufig als die älteste Wissenschaft bezeichnet. Doch wie weit lassen sich die Anfänge der Sternenkunde zurückverfolgen? Eine ganz wesentliche Änderung in der Entwicklung des Menschen gab es in der Jungsteinzeit. Bestritt der Mensch vorher seinen Lebensunterhalt durch die Jagd von Tieren und das Sammeln von Früchten, so begann er in dieser Zeit mit dem Ackerbau. Für die Festlegung von Saat- und Ernteterminen war ein Kalender notwendig, der am Lauf der Gestirne abgeleitet werden konnte. Allerdings ist dies schwierig nachzuweisen, da aus der Zeit keine schriftlichen Dokumente überliefert sind. So ist man auf indirekte Schlüsse angewiesen. Immer wieder werden die Großstein- oder Megalithbauten aus dieser Epoche als Sternwarten interpretiert. Eine stark ideologisch geprägte Blüte erreichte die "germanische Astronomie" in den zwanziger und dreißiger Jahren. In Osnabrück glaubte der Rektor Gustav Friedrichs Abbildungen von Gestirnen und Sternbildern auf den Steinen der Megalithgräber gefunden zu haben, und Runen sollten astronomischen und kalendarischen Inhalt haben. Doch die Zeichnungen waren wohl der Phantasie Friedrichs' entsprungen und bereits damals heftig umstritten.

Häufig wird die Ausrichtung der Großsteingräber zu Auf- oder Untergangspunkten heller Gestirne als Beweis für astronomische Kenntnisse der Jungsteinzeitvölker herangezogen. Bekannteste Beispiele sind Stonehenge in Südengland und die Steinreihen in der Bretagne. Für den Osnabrücker Raum behauptete Friedrichs, dass die Teufelssteine in Lüstringen um 60 Grad westlich von Süden ausgerichtet seien. Längs dieses Grabes hätte vor 3600 Jahren der Untergang des hellsten Sternes am Himmel, Sirius, beobachtet werden können. Doch die Messung mit einem einfachen Kompass zeigt, dass die Teufelssteine um 83 Grad gegen Süden abweichen und damit fast in ost- westlicher Richtung ausgerichtet sind. In dieser Richtung kann Sirius nie auf- oder untergehen, sondern nur weiter südlich. 

Um zuverlässigere Informationen zu erhalten, wurde eine genauere Untersuchung der Ausrichtung von Großsteingräbern gestartet. Zunächst wurden mit einem Kompass die Richtungen der Eingänge von etwa 50 Großsteingräbern in der Bretagne, einem Zentrum der Megalithkultur, gemessen. Und hier zeigte sich, dass fast alle Zugänge nach Südosten ausgerichtet sind. In dieser Richtung geht die Sonne zum Winteranfang auf. Da die Sonne in der Folge wieder höher wandert, wird der Zeitpunkt auch häufig (z.B. bei Naturvölkern) als ihre Wiedergeburt interpretiert. Vielleicht symbolisierte das Licht der aufgehenden Wintersonne in der Grabkammer für die Steinzeitmenschen eine Wiedergeburt der Toten. 

Für 44 Langgräber des Osnabrücker Raums ergab sich ein anderes Ergebnis: sie sind vor allem in Ost-West- Richtung orientiert. Der Zugang war wohl immer auf der südlichen Langseite, zeigte also fast immer nach Süden. Eine ähnliche Ausrichtung war bereits früher von Berliner Astronomen für fast 100 Megalithgräber in Mecklenburg gefunden worden. Im norddeutschen Bereich zeigen die Eingänge also in die Richtung, in der die Sonne ihre höchste Stellung erreicht. Damit haben die Menschen vor 5000 Jahren keine übertrieben genaue Sternwarten gebaut, aber offenbar haben sie den Lauf der Sonne über den Himmel sehr genau verfolgt, eine Kenntnis, die vielen Menschen unserer heutigen Zeit verloren gegangen ist.

Die genauen Ergebnisse der Untersuchungen sind in den Osnabrücker Naturwissenschaftlichen Mitteilungen für 1991 und 1992 erschienen.





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