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Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück:

Komet C/2025 A6 (Lemmon)

Bericht von Uwe Karg und Dr. Burkhard Lührmann, November 2025

 

Wenn ein Komet namentlich beschrieben wird, erhält er zusätzlich zum Entdeckungsjahr und einer alphanumerischen Bezeichnung die Angabe des Beobachtungssatelliten oder Observatoriums, welcher bzw. welches diesen zuerst entdeckt hat. So wurde der Komet C/2025 A6 (Lemmon) am 3. Januar 2025 vom Mount Lemmon Observatory als asteroidenähnliches Objekt entdeckt. Der 2.792 m hohe Mount Lemmon, auf dem das Observatorium erbaut ist, liegt nördlich von Tucson im US-Bundesstaat Arizona und wurde nach der Botanikerin Sara Plummer Lemmon benannt, die den Gipfel 1881 zusammen mit ihrem Ehemann und einem örtlichen Rancher bestiegen hatte. Die Entdeckung fand im Rahmen des „Mount Lemmon Survey“ (MLS) mit einem 1,52m Cassegrain-Spiegelteleskop statt. Das MLS ist derzeit weltweit eines der erfolgreichsten Himmelsdurchmusterungsprojekte für erdnahe Objekte. [1-4]

 

Kometenbahn

Zum Zeitpunkt der Entdeckung befand sich der Komet mit einer scheinbaren Helligkeit von nur etwa 21,5 mag noch 4,5 AE von der Sonne entfernt (1 AE = Erdabstand von der Sonne). Auf seiner stark elliptischen Bahn um die Sonne kreuzte er in der Projektion auf die Ekliptik die Erdumlaufbahn etwa am 24.09.2025, als die Erde auf ihn zukommend noch einen Abstand von knapp 1 AE (etwa 150 Mio. km) besaß. Der Komet bewegt sich also rückläufig, d.h. entgegengesetzt zur normalen Bewegungsrichtung der Planeten. Wie in Abbildung 1 erkennbar ist, erschien uns der Komet zu dieser Zeit im Sternbild Lynx (Luchs).

 

Abbildung 1: Ermittelte Kometenbahn vor den Sternbildern des Abendhimmels

 

Bei dieser Abbildung handelt es sich um ein aus 25 Teilbildern zusammengesetztes Mosaik. Jedes Teilbild ist aus einer Aufsummierung von etwa 120 einminütigen Belichtungen entstanden, die mit einem Zeiss-Objektiv Makro-Planar T* 2/50mm ZE an einer EOS 7D auf der Reisemontierung Polarie aufgenommen wurden. Das Mosaik ist als Gesamtbild astrometrisch vermessen und umfasst entlang der eingezeichneten Kometenbahn ab dem 24.09. unter anderem die Sternbilder Lynx (Luchs), Ursa Major (Großer Bär), Bootes (Bärenhüter) und Corona Borealis (Nördliche Krone).

Während dieser Zeit näherte sich Komet Lemmon der Erde bis zum 24.10.2025 auf etwa 0,61 AE, also rund 91 Mio. km, und entwickelte eine immer größere scheinbare Helligkeit bis unter 4 mag und gehört damit zu den hellsten Kometen, die auch mit bloßem Auge gesehen werden können. [1][5]

 

Visuelle Beobachtungen

Mit den Ferngläsern Kowa 8×42 (Gesichtsfeld 6,3°) und Fujinon 10×70 (Gesichtsfeld 5,3°) verfolgte Uwe Karg den Kometen C/2025 A6 fast täglich von Bodenkirchen aus, 25 km südöstlich von Landshut gelegen. Der immer längere sichtbare Kometenschweif passte nicht mehr in die Gesichtsfelder der verwendeten Feldstecher hinein und wurde somit auf über 6° abgeschätzt.

Mit dem Spektiv Kowa 88 Prominar und Zoom-Okular 25-60× gelangen beeindruckende visuelle Beobachtungen. Mit einer Vergrößerung von 25× war der optische Eindruck am besten, höhere Vergrößerungen erbrachten keine weiteren Details.

Leider wurde die Sichtbarkeit nicht nur durch schlechtes Wetter, sondern auch durch die Abenddämmerung, in welche der Komet zeitlich immer weiter hineinrutschte, behindert. Es wurde nun Zeit, auch fotografische Beobachtungen durchzuführen, bevor die abendliche Kometenposition zu niedrig über dem Horizont stehen und seine Helligkeit wieder abnehmen würde. Die Zeit drängte.

 

Uwes fotografische Beobachtungen mit Hindernissen

"Am 24.10.2025 zog das Sturmtief Joshua über Deutschland hinweg. Abends bestand jedoch eine geringe Chance auf klaren Himmel", berichtet Uwe. "Also packte ich meine sieben Sachen: Die Canon 750D mit dem 135 mm Samyang Objektiv, das Vixen HAL Stativ mit der darauf befestigten Reisemontierung Sky Adventurer sowie einiges an Zubehör. Alles schnallte ich auf eine Sackkarre, um es an meinen Beobachtungsplatz auf einem nahe gelegenen Feldweg zu ziehen.

Ab 18:00 Uhr klarte es tatsächlich auf und der Wind ließ nach. Kurz darauf zog ich warm eingepackt auf den Acker. Dort angekommen staunte ich nicht schlecht, der Feldweg war voller Pfützen und schlammig! Als ich doch noch ein einigermaßen trockenes Plätzchen fand, baute ich mein Stativ mit der Montierung auf und befestigte die Kamera via Objektiv in einer Rohrschelle, um sie je nach Erfordernis auch rotieren zu können. Kurz darauf fiel ich vor meiner Montierung auf die Knie, nicht um sie anzubeten, sondern um sie parallel zur Erdachse einzustellen. In weiser Voraussicht hatte ich einen Müllbeutel mitgenommen, um die Hose beim Hinknien nicht zu verschmutzen. Dann zentrierte ich Polaris im Polsucher der Montierung und nordete nach der Kochab-Methode ein. Als Nächstes musste fokussiert werden. Schnell war ein heller Stern gefunden. Unter Zuhilfenahme des 10-fachen Display-Zoom der Kamera und einer optischen Lupe wurde Arkturus mit der Farbumschlag-Methode so scharf wie möglich eingestellt.

Es war immer noch nicht richtig dunkel und der Komet war mit bloßem Auge nicht zu sehen. Mittels der Smartphone-App SkySafari und einem Fernglas war der Komet Lemmon schnell aufgespürt. Anschließend richtete ich die Kamera in der Bildrotation aus und stellte das Bildfeld so ein, dass möglichst viel vom Kometenschweif ins Bild gelangte. Ab jetzt wurde mit verschiedenen ISO-Werten und Aufnahmezeiten belichtet.

Nach 90 Minuten stand Lemmon bereits nahe am Horizont und die ersten Wolken zogen auf. Es war Zeit, um abzubauen und nach Hause zu laufen. Etwas durchgefroren (5°C bei 82% Luftfeuchtigkeit), aber glücklich und zufrieden kam ich dort an. Bei Licht sah ich es dann: Das Equipment und die Sackkarre hatten doch einiges an Schlamm abbekommen!"

Der von Uwe aufgenommene Himmelsausschnitt ist in der folgenden Abbildung 2 als weißer Rahmen dargestellt. Der weiße Punkt bezeichnet die Position des Kometenkerns am 24.10.2025.

 

Abbildung 2: Bildausschnitt der Kometenaufnahmen am 24.10.2025

 

Burkhards Verarbeitung der Fotoaufnahmen

Die von Uwe aufgenommen Fotos sind mit automatischem Dunkelbildabzug aufgenommen worden und ursprünglich nur als Einzelaufnahmen geplant gewesen. Daher wurde mit verschiedenen Empfindlichkeiten von ISO-1600 bis ISO-3200 und Belichtungszeiten zwischen 30 s und 60 s experimentiert. Überdies veränderte sich die Himmelshintergrundhelligkeit ab 19:30 Uhr innerhalb der 90 Minuten noch drastisch. Es darf auch nicht vergessen werden, dass sich die Form des Kometen innerhalb dieses Zeitraums deutlich verändert hat. Trotz dieser Problematik habe ich von den Aufnahmen 23 Bilder, die innerhalb eines Zeitintervalls von 54 Minuten entstanden, ausgewählt und mithilfe der Programme PixInsight und Photoshop eine für mich herausfordernde Verarbeitung mit folgendem Resultat durchgeführt.

 

Abbildung 3: Gesamtbild Komet C/2025 A6 (Lemmon) am 24.10.2025

 

Nach Kalibrierung mit Flats und Umwandlung in Farbbilder (Debayering) wurde eine Registrierung und anschließende Integration (Stacking) inklusive Drizzle (Faktor 2×2) vorgenommen. Aus diesem Ergebnis konnte das hoch aufgelöste Sternenbild als später zu verwendender Hintergrund extrahiert werden, ohne die störende Helligkeit der Abenddämmerung zu erhalten.

Für das Kometen-Alignment habe ich in den registrierten Zwischenbildern von oben zunächst alle Sterne entfernt, um in PixInsight ein saubereres Ergebnis zu erhalten. Leider konnte die anschließende Integration der nach dem Kometen ausgerichteten Bilder nicht mit einem Drizzle-Prozess kombiniert werden. Daher skalierte ich das integrierte Kometenbild anschließend um den Faktor 2, um mit dem Sternenbild Kongruenz zu erhalten.

Vor der Verheiratung des Kometenmotivs mit dem Sternenhintergrund wurden die üblichen Vorgänge wie Hintergrundebnung, fotometrische Farbkalibrierung, Abberationskorrektur, Streckung und Entrauschung durchgeführt.

 

Kometengröße

Das Bildformat in Abbildung 3 wurde von Uwe gut gewählt. Sowohl der Kometenkern (Koma), als auch der hellste Stern in Corona Borealis (Alpha CrB) sind als wertvolle Orientierungspunkte enthalten. Dieser auch Alphecca oder Gemma genannte spektroskopische Doppelstern ist am rechten Rand in der Mitte deutlich zu erkennen. Die Kometenschweiflänge lässt sich aber auch noch über den rechten Rand hinaus erahnen. D.h. sie ist zu diesem Zeitpunkt fotografisch über 8,2° lang und übertrifft damit 13 Mio. km, wenn ein Abstand von 91 Mio. km zugrunde gelegt wird.

 

Koma und Kern des Kometen

Der Kometenkern besteht typischerweise aus gefrorenen Gasen, Staub und Gestein. Mit seiner Annäherung an die Sonne wird er aktiviert. Die Sublimation seiner Materialien erzeugt die charakteristische Koma und den Kometenschweif. Die UV-Strahlung der Sonne spaltet aus dem Kern ausgegaste komplexere Moleküle unter anderem in zweiatomigen Kohlenstoff auf. Dieser wird dann durch das Sonnenlicht angeregt und emittiert das grünliche Licht, das für viele Kometen ein typisches Merkmal ist. Spektroskopische Messungen haben vor allem noch das Aminoradikal NH2 und Natrium nachweisen können. [5][1]

 

Abbildung 4: Koma des Kometen

 

In Abbildung 4 markiert der Pfeil einen Bereich, wo vorübergehend etwas größere Gasmengen den Kern verlassen haben. Der Durchmesser der grünlichen Koma berechnet sich aus dem Bild zu fast 300.000 km. Der Kern von C/2025 A6 selbst ist zu klein und zu sehr von der Koma eingehüllt, als dass man ihn sehen könnte. Seine Größe bleibt vorerst ein Geheimnis.

 

Schweife des Kometen

Mit Annäherung an die Sonne entwickelt ein Komet in den meisten Fällen zwei unterschiedliche Schweife. Sie unterscheiden sich in ihrem Aussehen und ihrer Ausrichtung.

 

Abbildung 5: Schweife des Kometen

 

Der Ionenschweif ist bei C/2025 A6 in Abbildung 5 am deutlichsten ausgeprägt. Er besteht aus den vom Kern sublimierten Gasen, die anschließend durch die UV-Strahlung der Sonne ionisiert wurden. Aufgrund seiner elektrisch geladenen Teilchen wird dieser Schweif vom Sonnenwind, der ebenfalls aus elektrisch geladenen Teilchen wie Protonen und Elektronen besteht und Magnetfelder erzeugt, geradlinig von der Sonne weggedrückt. Da der Sonnenwind Turbulenzen besitzt, entstehen im Ionenschweif Verwirbelungen, Knoten und Gasblasen. Auch Abrissereignisse geschehen gelegentlich. [6]

Der Ionenschweif erscheint meist bläulich und zeigt feine, fadenförmige Strukturen.

 

Abbildung 6: Ausschnitte des Ionenschweifes

 

In Abbildung 6 besitzen die Teilbilder a) bis c) den gleichen Maßstab und zeigen Beispiele für fadenförmige Strukturen, Einschnürungen bzw. Aufspaltungen des Ionenschweifes. Teilbild d) enthält etwa einen doppelt so großen Ausschnitt, in welchem eine vorübergehende Auflösung oder Verbreiterung mit Ausdünnung festzustellen ist.

Der Staubschweif besteht aus größeren, festen Staubpartikeln, die vom Kern freigesetzt werden. Im Gegensatz zum Ionenschweif werden diese Partikel kaum vom Magnetfeld des Sonnenwindes beeinflusst. Stattdessen werden sie durch den Strahlungsdruck des Sonnenlichts nur leicht nach hinten gedrückt und bleiben entlang der gekrümmten Umlaufbahn des Kometen zurück. In Abbildung 5 führte dies zu einem breiteren, diffusen und gekrümmten Schweif, der durch gestreutes Sonnenlicht gelblich-bräunlich leuchtet. Er erreicht hier eine sichtbare Länge von etwa 3,3 Mio. km. Vermutlich ist Komet Lemmon nicht sehr staubreich.

 

Zukunft des Kometen

C/2025 A6 (Lemmon) ist ein langperiodischer Komet, der bereits mindestens einmal um die Sonne gelaufen ist. Seine ursprüngliche Umlaufperiode beträgt etwa 1.350 Jahre. Aus der Oortschen Wolke kommend ist seine Bahn extrem exzentrisch. An seinem sonnenfernsten Punkt (Aphel) ist er bis zu 243 AE entfernt, was mehr als das Achtfache des Bahnradius von Neptun ist. Man konnte feststellen, dass sein letzter Vorbeiflug an Jupiter die Umlaufperiode um etwa 200 Jahre verkürzt hat. Sollten bei der bevorstehenden Sonnenumrundung keine ernsten Zwischenfälle am Kern und danach keine weiteren gravitativen Störungen eintreten, wird er im Jahr 3180 wieder zu uns zurückkehren. [1][6]

Leider taucht Lemmon ab Dezember unter die Ekliptik ab, sodass wir ihn die kommenden Monate von der Nordhalbkugel der Erde aus nicht mehr beobachten können. Dies ist umso mehr ein Grund, hier nochmal einen Blick auf ihn entlang seines imposanten Schweifes zu erhaschen.

 

Abbildung 7: Streifenausschnitt aus Gesamtbild

 

 

[1] Wikipedia: C/2025 A6 (Lemmon)

[2] Wikipedia: Mount Lemmon Survey

[3] Wikipedia: Mount Lemmon Observatory

[4] Wikipedia: Mount Lemmon

[5] Letzter Blick auf Komet Lemmon: Der beste Komet 2025 sagt leise Tschüss!

[6] Komet C/2025 A6 (Lemmon): Fotos mit ZWO Seestar S50 aufnehmen oder im Fernglas bestaunen




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