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Welches Teleskop soll ich als Einsteiger kaufen?
Um die Auswahl einzuschränken, fange ich erst einmal damit an, was man besser nicht kaufen sollte.
Vor allem bei einem bekannten Internetauktionshaus tauchen immer wieder Angebote auf, die auf den ersten Blick sehr verlockend erscheinen. Dort werden Profi-Hochleistungsteleskope mit über 500-facher Vergrösserung und einem Haufen Zubehör zu einem Preis angeboten, für den sich die meisten Amateurastronomen gerade mal ein Mittelklasseokular kaufen.
Wie also kann auch ein Laie unseriöse Angebote erkennen?
Anzeichen, die stutzig machen sollten:
- Teleskope werden von Verkäufern angeboten, die viele völlig andere Dinge wie Kaffeemachinen und bunte Lichterketten verkaufen. Das ist zwar kein sicheres Zeichen für ein ungeeignetes Teleskop, lässt aber zumindest Zweifel am Sachverstand des Anbieters aufkommen.
- Begriffe wie Hochleistung oder professionell sind bei einem Gegenstand, der als Geschenk häufig unter dem Weihnachtbaum landet, wohl kaum angebracht. Warum werden in der Forschung zig Millionen Euro ausgegeben, wenn es eine Profi-Komplettaustattung für 100 Euro gibt? Ganz klar, solche Superlativen sollen minderwertige Qualität kaschieren.
- Unsinnige Vergrösserungsangaben: Aus physikalischen Gründen ist das Auflösungsvermögen eines Teleskops von dessen Durchmesser abhängig. Auch bei sehr präziser Fertigung ist es nicht sinnvoll, mehr als doppelt so hoch zu vergrössern, wie der Durchmesser der Teleskopoptik in mm ist. Bei einem Teleskop mit 150 mm Durchmesser ist die sinnvolle Maximalvergrösserung etwa 300-fach. Darüber hinaus zeigt mehr Vergrösserung keine weiteren Details, das Bild wird nur unschärfer, kontrastschwächer und dunkler.
- Falsche Benennung von Teilen: So werden Okulare (die austauschbaren Teile, in die man reinschaut) häufig als Augenstücke oder einfach Linsen bezeichnet. Stative werden zu Dreibeinen, Refraktoren (Linsentelskope) haben angeblich einen Spiegel (wobei nicht ein Zenitspiegel gemeint ist) und für alles Mögliche gibt es eine nicht näher bezeichnete Verstellung oder Einstellung. Zenitspiegel oder Zenitprismen werden oft Winkelstücke genannt. Ein Anbieter, der solche unzutreffende Bezeichnungen verwendet, weiss nicht, was er verkauft.
- Umkehr- oder Aufrichtlinsen: Dieses Zubehör dient dazu, ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild zu erzeugen. Astronomische Teleskope haben normalerweise ein um 180° gedrehtes Bild, weil so eine besonders einfache und kurze Konstruktion möglich ist. Mit einem Zenitspiegel wird das Bild zwar aufgerichtet, bleibt aber seitenverkehrt. Das stört bei der Beobachtung astronomischer Objekte nur wenig. Hochwertiges Zubehör zum Erzeugen eines richtig orientierten Bildes kostet relativ viel und wird darum nicht einfach mitgeliefert, weil es für den eigentlichen Einsatzzweck des Teleskops nicht benötigt wird. Die bei einfachen Teleskopen mitgelieferten Umkehrlinsen sind in der Regel billigste Plastikteile mit einer entsprechenden optischen Qualität. Hersteller hochwertiger Teleskope würden niemals so minderwertiges Zubehör mitliefern.
- Besonders umfangreiches Zubehör mag zunächst sehr attraktiv erscheinen, ist aber aus den bereits genannten Gründen eher ein Anzeichen für ein minderwertiges Angebot. Man beachte besonders den Durchmesser der augenseitgen Linse bei den mitgelieferten Okularen. Auffällig kleine Durchmesser lassen auf eine einfache Konstruktion mit wenig Beobachtungskomfort (kleiner Augenabstand und enges Gesichtsfeld) schliessen, ebenso Bezeichnungen wie H oder SR, gefolgt von einer Zahl. Dabei handelt es sich um sogenannte Huygens- oder Ramsdenokulare, einer 2-linsigen Konstruktion mit engem Gesichtsfeld (Tunnelblick), kleinem Augenabstand und Farbfehlern.
- Beeindruckende bunte Bilder von Deepskyobjekten auf der Verpackung. Das ist normalerweise eine reine Marketingmassnahme. Im Teleskop sieht man üblicherweise keine Farben. Das dunkeladaptierte Auge ist sehr lichtempfindlich, kann aber keine Farben wahrnehmen. Von daher kommt auch der Spruch 'Nachts sind alle Katzen grau'. Die meisten Nebel und Galaxien erscheinen im Teleskop in Graustufen. Farbig werden sie erst auf Fotos, womit wir beim nächsten Kapitel angelangt sind.
Astrofotografie
Meistens entsteht schnell der Wunsch, das Gesehene auch fotografisch festzuhalten. Da dies auch oft schon vor der Anschaffung des ersten Teleskops der Fall ist, ist die Fototauglichkeit häufig ein wichtiges Kauf- und Verkaufsargument.
Die Verbreitung elektronischer Kameras hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass Amateure mittlerweile bessere Ergebnisse erzielen als Profiastronomen noch vor einigen Jahrzehnten. Aber auch diese Bilder werden nicht mit Einsteigertelskopen gemacht, sondern mit Equipment im 4- bis 5-stelligen Kostenbereich und jahrelanger Erfahrung. Fotos lichtschwacher Nebel erfordern minuten- bis stundenlange Belichtung. Dabei bewegt sich das zu fotografierende Objekt permanent. Hinzu kommt die oft hohe Vergrösserung als erschwerender Faktor. Es wird also eine stabile Montierung benötigt, die eine sehr hohe mechanische Präzision hat und die entsprechend genau aufgestellt werden muss.
Die genaue Ausrichtung auf den Himmelspol wird dabei mit einem Polsucher gemacht. Das ist ein spezielles kleines Fernrohr in der Montierung, welches nur dazu dient, diese möglichst präzise einzunorden. Kleine Einsteigerteleskope besitzen so eine Einrichtung gar nicht und können auch nicht damit ausgerüstet werden. Eine andere Möglichkeit ist das sogenannte Scheinern. Dabei wird die Montierung anhand der Bewegungen der Sterne im Okular immer wieder korrigiert. Dieser Vorgang dauert auch mit Erfahrung mindestens eine halbe Stunde und ist sicher nicht für Anfänger geeignet.
Weiterhin ist eine motorische Nachführung zwingend nötig. Bei den üblichen Teleskopbrennweiten reicht dies aber noch nicht aus. Um punktförmige Sterne abzubilden, müssen selbst kleinste mechanische Ungenauigkeiten durch sogenanntes Guiding ausgeglichen werden. Dazu wird entweder ein zweites Fernrohr mit Fadenkreuzokular oder einer speziellen Kamera und Computer parallel zum Hauptfernrohr montiert.
Das so gewonnene Rohmaterial wird anschliessend im Computer in zum Teil stundenlanger Arbeit aufbereitet.
Diese Art der Astrofotografie ist also weder für Einsteiger noch für Einsteigertelskope geeignet. Oft werden Objekte fotografiert, die visuell gar nicht wahrnehmbar sind und die ein Anfänger erst gar nicht findet. Falls also jemand ein Einsteigerteleskop als fototauglich bezeichnet, ist dies schlicht übertrieben und ein unzutreffendes Verkaufsargument.
Darum kann ich jedem Einsteiger nur raten, erst einmal Erfahrung im visuellem Bereich zu sammeln und frühestens nach einem Jahr mit der Deepskyfotografie zu beginnen. Das erste Teleskop sollte auch nicht mit Blick auf eine evtl. spätere fotografische Nutzung ausgewählt werden. Viele erfahrene Astronomen benutzen ein grosses Teleskop für visuelle Beobachtung und einen kleinen farbreinen Refraktor auf einer stabilen Montierung zum Fotografieren.
Das Fotografieren heller Objekte, wie den Mond oder Planeten, geht aber auch mit vielen kleinen Teleskopen. Dazu werden Videos mit einer möglichst lichtempfindlichen Webcam aufgenommen. Auf Grund der kurzen Belichtungszeiten und des geringen Kameragewichts gelingt dies auch mit einer kleinen Montierung. Anschliessend werden die so gewonnenen Bilder am Computer zu einem rauscharmen Bild kombiniert und daran dann Feinkorrekturen vorgenommen.
GOTO-Teleskope
Mit GOTO wird die Eigenschaft des Teleskops oder besser der Montierung bezeichnet, bestimmte Himmelskoordinaten selbstständig anzufahren. Meistens ist dies mit einem umfangreichen Objektkatalog verbunden, in dem mehrere tausend Deepskyobjekte enthalten sind.
Dies mag zunächst verlockend erscheinen, da gerade Anfängern die Orientierung am Himmel fehlt. Dennoch sprechen vor allem zwei Gründe dagegen, ein GOTO-Teleskop für den Einstieg zu nehmen:
- Der Lerneffekt bleibt aus. Gerade der Anfänger muss lernen, sich am Himmel zurechtzufinden. Mit der automatischen Positionierung wird genau dies verhindert. Ausserdem fehlt das Erfolgserlebnis, ein Objekt selber gefunden zu haben. Und ganz ohne Himmelkenntnisse funktionieren die meisten GOTO-Systeme auch nicht, die Ausrichtung muss normalerweise an ein bis drei Sternen bestätigt werden.
- Ein präzises GOTO-System kostet mehrere hundert Euro. Dieses Geld kann nur bei der Optik und der Montierung eingespart werden. Bei einem kleinen Budget führt GOTO dazu, dass dieses mit einer kleinen Optik und einer schwachen mechanisch unzureichenden Montierung kombiniert wird. Was aber nutzen tausend Objekte, die zwar automatisch positioniert werden, aber die dann nicht mit der kleinen Optik zu sehen sind. Laut dem Atlas für Himmelsbeobachter (Karkoschka) gibt es am gesamten Himmel knapp 200 Deepsky-Objekte, die mit einem 75mm-Teleskop bei einem dunklen Landhimmel zu sehen sind. Wenn so ein Teleskop mit einer GOTO-Steuerung versehen ist, welche 4000 Objekte gespeichert hat, heisst das nichts anderes, als dass 95% dieser Objekte nicht zu sehen sind.
Darum sollte gerade bei einem kleinen Budget das gesamte Geld in das Teleskop gesteckt werden und nicht in eine unnötige elektronische Ausstattung.
Die Montierung
Die Montierung hat die Aufgabe, das Teleskop wackelfrei zu tragen, dessen Positionierung zu ermöglichen und die eingestellten Objekte zu verfolgen (Nachführung).
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Montierungsarten, der azimutalen Montierung und der parallaktischen Montierung, die auch als äquatoriale Montierung bezeichnet wird.
Die azimutale Montierung ermöglicht die Drehung im Azimut (horizontal) und Altitude (vertikal). Damit ein Himmelsobjekt verfolgt werden kann, muss immer ein Schwenk mit beiden Achsen durchgeführt werden, ausser man befindet sich genau am Äquator oder den Polen. Verbreitete Bauformen sind die Einarm- oder Zweiarm-Gabelmontierung. Diese Montierungen sind nicht für Astrofotografie geeignet, da bei Langzeitbelichtungen eine Drehung des Bildfeldes auftritt.
Bei der parallaktischen Montierung ist eine Achse so geneigt, dass diese parallel zur Erdachse ausgerichtet ist. Diese Achse wird als Rektazensions- bzw. Stundenachse (RA) bezeichnet. Die andere Achse ist die sogenannte Deklinationsachse (DEC). Um ein Himmelsobjekt zu verfolgen, reicht die Drehung der Rektazensionsachse. Für eine automatische Nachführung reicht es, wenn diese Achse motorisiert ist. Zum genauen Ausrichten der RA-Achse gibt es bei einer parallaktischen Montierung Einrichtungen für kleine horizontale und vertikale Bewegungen. Die bekannteste Bauform ist das deutsche Achsenkreuz, welches das Teleskop auf der einen Seite und ein Gegengewicht auf der anderen Seite trägt.
Neben dem Montierungskopf ist das Stativ normalerweise die zweite wichtige Komponente einer Montierung. Das Stativ ist üblicherweise als Dreibein konstruiert und sollte in der Höhe verstellbar sein. Eine besonders gute Schwingungsdämpfung haben Holzstative. Andere Varianten sind das Stahlrohrstativ und das Aluprofilstativ.
Leider unterschätzen die meisten Einsteiger den Nutzen einer stabilen Montierung und legen viel mehr Wert auf eine grosse Optik und hohe Vergrösserungen. Aber gerade hohe Vergrösserungen sind nur dann sinnvoll nutzbar, wenn das Teleskop wackelfrei montiert ist und nicht bei jeder kleinen Berührung oder Windstoss sekundenlang zittert. Dabei sind es vor allem zwei Faktoren, die die Montierung belasten: Das Gewichts des Teleskops und die Länge des Tubus. Da sich bei einem Teleskop die schweren Komponenten weit aussen im Tubus befinden, erzeugt ein langer Tubus ein grosses Drehmoment, welches nur mit einer massiven Montierung zu beruhigen ist. Um eine einfache Einsteigeroptik stabil zu tragen, ist normalerweise eine Montierung nötig, welche deutlich teurer ist als die Optik, dies sie trägt! So kommt es, dass die meisten Einsteigerkombinationen von den Herstellern mit einer zu schwachen Montierung angeboten werden, um einen scheinbar attraktiven Verkaufspreis zu realisieren.
Eine Stabilitätsbeurteilung unterschiedlicher Teleskop/Montierungskombinationen findet man hier: www.deepsky-brothers.de
Es gibt aber eine Möglichkeit, eine grosse Optik günstig zu betreiben: Man verzichtet ganz auf eine aufwändige Montierung!
Die Lösung heisst Dobson. Das ist ein Newton-Spiegelteleskop, welches in einer drehbaren Holzkiste, der sogenennten Rockerbox, relativ schwingungsfrei gelagert ist. Die Nachführung erfolgt von Hand. Fotografisch ist ein Dobson denkbar ungeeignet, aber für visuelle Nutzung kann man so eine 8-Zoll-Optik ab etwa 300 Euro bekommen.
Kaufempfehlung (Teleskop und Montierung)
Bis 100 Euro:
- Feldstecher 8x40 oder 10x50
Bis 200 Euro:
- kleiner Dobson wie z.B. das Skywatcher Heritage 130/650
Bis 400 Euro:
- Dobson mit 6" oder 8" Öffnung
- 150/750'er Newton auf möglichst stabiler Montierung (mindestens NEQ-3, Skyview o.Ä.) mit gewissen Zugeständnissen bei der Stabilität. Wünschenswert ist eine Montierung der GP-Klasse (EQ-5, ADM, Vixen GP o.Ä.).
- Für Mond- und Planetenbeobachtung Maksutovs, weil der kurze Tubus auch von einer relativ kleinen Montierung gut getragen wird. Wegen der langen Brennweite sind Maksutovs für Beobachtungen grossflächiger Objekte eher ungeeignet.
Über 400 Euro:
- Dobson für visuelle Nutzung
- 150/750'er Newton auf Montierung der GP-Klasse (Vixen GP, EQ-5, Astro-5, MON-2, ADM, CAM, LXD-75)
- 200/1000'er Newton auf HEQ-5, GPD oder Sphinx
Zubehörtipps
- drehbare Sternkarte
- Karkoschka (Atlas für Himmelsbeobachter)
- Rotlichtlampe zum Kartenlesen. Weisslicht zerstört die Dunkeladaption.
- Graufilter für die Mondbeobachtung. Ab 5 Zoll Öffnung empfehle ich einen ND09 mit 13% Transmission.
- Leuchtpunktsucher an Stelle des Sucherfernrohrs
- UHC-Nebelfilter von Astronomik oder Lumicon. Billige Filter haben normalerweise deutlich weniger Wirkung.