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------------ Astronomie in Zeiten des Coronavirus ------------

Tychos Strahlensystem

Bericht von Dr. Thomas Kunzemann, 22.12.2021

Am 19.Dezember klarte es überraschend für etwa 2 Stunden auf, allerdings war der Himmel durch den fast vollen Mond, Vollmond lag nur 19 Stunden zurück, stark aufgehellt. Trotzdem fotografierte ich die Nova V1405 Cas, deren Lichtkurve Dr. Gerold Holtkamp und ich seit ihrem Ausbruch im April verfolgen. Um die Helligkeit zu bestimmen muss der Himmel nicht ganz dunkel sein, es reicht, wenn die Nova und der Vergleichsstern deutlich aus dem Hintergrundrauschen der Digitalaufnahme hervortreten.

Nach Abschluss der Messungen entschloss ich mich, ein Mosaikfoto des Mondes aufzunehmen. Um diese Zeit kulminierte der Mond und hatte gleichzeitig seine größte nördliche Deklination erreicht, so dass er fast im Zenit stand. Deshalb und weil es windstill und sehr klar war, konnte ich optimale Bedingungen für die Aufnahmen nutzen.

Mit der Planetenkamera QHY5III462 am Vixen NA 140 Refraktor mit 800 mm Brennweite fertigte ich 16 Videos mit je 200 Bildern von unterschiedlichen Regionen des Mondes an. Die chromatische Aberration der Optik wurde durch einen Baader Solarkontinuumfilter mit einem Durchlass bei 540 nm, also im grünen Licht, für das die Optik korrigiert ist, unterdrückt. Aus den Videos stackte und schärfte ich mit der Software Planetary System Stacker jeweils 50 Bilder, die mit dem Microsoft Image Composit Editor zu einem Gesamtbild zusammengefügt wurden. Mit der Histogrammfunktion von Fitswork habe ich die einzelnen Farbkanäle nachbearbeitet, so dass ein Schwarzweißbild entstand.


Gesamtbild des Mondes

Auf dem fertigen Bild des Vollmondes sind die Krater wegen des senkrechten Lichteinfalls weniger gut zu erkennen. Dafür imponieren die Mondmeere und die Srahlensysteme, insbesondere das des Kraters Tycho. Tycho befindet sich auf der Südhalbkugel nahe am Zentralmeridian bei 43,3° südlicher Breite und 12,4° westlicher Länge. Mit einem Durchmesser von 86 km zählt Tycho zu dengrößeren Kratern. Seine Ränder erheben sich bis 4800 m über den Kraterboden und in der Mitte befindet sich ein 1600 m hoher Zentralberg. Die Abhänge der Kraterränder sind terassenförmig gegliedert, wodurch sich bei flacherem Sonnenstand ein eindrucksvolles Bild bietet.

Noch spektakulärer wird der Anblick aber um den Vollmond herum, bei senkrechtem Lichteinfall. Dann verwandelt sich der Krater in eine helle Scheibe mit einem Flecken, der vom Zentralberg herrührt. Von einem dunkleren Ring um den beleuchteten Krater geht ein eindrucksvolles Strahlensystem aus, das sich weit über die Hälfte des Mondes über Krater und Meere erstreckt. Die Strahlen bestehen aus pulverisiertem und aufgeschmolzenem Auswurfmaterial, das sich beim Einschlag des Impaktors, der den Krater bildete, explosionsartig und ungestört von jeder Atmosphäre auf ballistischen Bahnen verteilte. Das ausgeworfene Material, hauptsächlich Regolith und Glasperlen, verwittert im Lauf der Zeit durch Meteoriteneinschläge und durch thermische Spannungen, die beim Wechsel vom Mondtag zur Mondnacht auftreten. Allerdings sind die Strahlen, die radial von Tycho ausgehen noch weitestgehend intakt. Das lässt darauf schliessen, dass sich seit der Bildung von Tycho keine größeren Impakte mehr ereignet haben.

Westlich des Kraters gibt es eine Zone, in der keine Strahlen zu erkennen sind. Vermutlich erfolgte der Einschlag aus dieser Richtung. Im Jahre 1972 landete Apollo 17 am Rande des Mare Serenitatis zwischen den Kratern Littrow und Vitruvius. Von einem Ausläufer eines Strahls entnommene Bodenproben beweisen die Theorie der Strahlenentstehung und lassen auf ein Alter von nur 100 Mio Jahren schliessen. Damit ist Tycho lange nach dem großen Bombardement von vor 600 Mio Jahren entstanden und einer der jüngsten größeren Krater auf dem Mond.


Foto: Detail von Tycho bei seitlicher Beleuchtung


Foto: Detail des Strahlensystems




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