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Seestar hoch 5
Bericht von Carsten Debbe, 9. September 2024
Am letzten Wochenende im August fand zum 13. mal der Westhavelländer Astro-Treff statt. Dabei werden am Samstagnachmittag Vorträge gehalten.
Dieses Jahr ging es bei einem davon um die sogenannten Smart-Teleskope. Damit sind Teleskope gemeint, die durch ein Smartphone oder auch Tablet gesteuert werden. Alles Nötige ist dabei bereits in dem Gerät verbaut (Optik, Kamera, Nachführung, Software...). Die Zielgruppe sind hauptsächlich Neueinsteiger in die Astronomie, da in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand viele Objekte des Sternenhimmels auf dem Display angesehen werden können. Aber auch Mond oder Sonne sind möglich. Sonne natürlich NUR mit entsprechender Filterung!
Besonders schwache Objekte, die z.T. nur mit Fernglas oder Teleskop zu beobachten sind, können hier nach nur wenigen Minuten auf dem Display gesehen werden. Ein Smart-Teleskop macht sich hierbei die Möglichkeit, einzelne Aufnahmen aufzuaddieren, zunutze. Dieses Aufaddieren wird - anders als bei "normaler" Astrofotografie - bereits im Gerät während der Aufnahmen vorgenommen.
Mittlerweile haben aber auch Hobbyastronomen - eben wegen der Möglichkeit der Astrofotografie - die smarten Geräte entdeckt. Es entfällt das ansonsten oft umfangreiche Aufbauen der Ausrüstung, und es können auch größere Wolkenlücken genutzt werden.
Inzwischen hat sich sogar eine eigene Szene um diese Teleskop-Art gebildet. Und natürlich ist man auch schon auf die Idee gekommen, ein Objekt mit mehreren Geräten zu fotografieren. Genauso wie es von den grossen Geschwistern vom VLT oder in der Radioastronomie gemacht wird. Der Hauptgrund ist, das mit mehreren Geräten bei z.B. gleicher Belichtungsdauer mehr Gesamtbelichtungszeit gesammelt werden kann. Und genau das ist beim diesjährigen WHAT geschehen.
Mario Keller hielt einen Vortrag über smarte Teleskope. Im Anschluss daran wurde geplant, in der folgenden Nacht ein Objekt, in diesem Fall NGC 6960, einen Teil des Cirrus-Nebels im Sternbild Schwan, mit den auf dem WHAT vertretenen Geräten von ZWO, dem Seestar S50, für (mindestens) 1 Stunde aufzunehmen. Es nahmen 5 Teleskope teil, die insgeamt 6 Stunden und 36 Minuten belichteten.
Namentlich waren an dem Projekt beteiligt : Andreas Dehning, Mario Keller, Karl-Wilhelm Klötergens, Reinhard Schröder und der Autor. Die gesammelten Dateien wurden danach von Mario Keller freundlicherweise zu einem fertigen Astrofoto verarbeitet.
Das Ergebnis ist sehr ansehnlich, wenn man bedenkt, das es sich bei den Teleskopen um kleine Refraktoren mit gerade mal 50mm Öffnung und 250mm Brennweite handelt. Aber auch das gemeinsame Arbeiten an einem Projekt hat sehr viel Spaß gemacht.
Zur Verarbeitung der Daten lasse ich den Autor Mario Keller am besten selbst zu Wort kommen. "Für das Bearbeiten der Gesamtbilder der einzelnen Seestars kam die Software PixInsight zum Einsatz. Hier wurden die Einzelbilder zunächst mit Hilfe des Skripts Weighted Batch Pre Processing (WBPP) gestacked und das Summenbild im ungestreckten Zustand mit GraXpert (Gradienten entfernen), BlurXTerminator (generelle Bildqualität verbessern) und NoiseXTerminator (Bildrauschen reduzieren) bearbeitet. Mittels Platesolving (ImageSolver Script) wurde dann eine genaue Positionsbestimmung des Bildfelds gemacht, um eine genaue Farbkalibrierung anhand des Gaia-Katalogs vornehmen zu können (Photometric Color Calibration). Dabei werden die Sternenfarben im Bild mit den tatsächlich gemessenen Farben aus dem Katalog abgeglichen und die Farben bestmöglich angepasst. Danach wird das Bild in zwei Teilbilder mit dem Tool StarXTerminator aufgetrennt. Ein Bild mit nur den Sternen und ein Bild mit allen Daten, aber ohne Sterne. So können beide Bilder unterschiedlich entwickelt werden. Mittels GHS (General Hyperbolic Stretch) wird das Bild mit den Nebelstrukturen gestreckt und diese zum ersten Mal sichtbar gemacht. Leichte Anpassungen der Farb- und Helligkeitskurven (CurvesTransformation) runden diesen Prozess ab. Das Sternenbild wird mittels ArcSin Stretching gestreckt. Dabei bleiben die Sternenfarben besser erhalten. Da die Sterne deutlich heller sind, erfolgt das Strecken deutlich weniger intensiv. Auch hier wird mittels CurvesTransformation in Farbe und Helligkeit noch ein wenig nachbearbeitet. Anschließend werden beide Bildteile mittels ScreenBlend Funktion (PixelMath) wieder zusammengesetzt und das Gesamtbild noch ein wenig in AffinityPhoto (ein Photoshop Ersatz ohne lästige Subscription) nachbearbeitet. In dieser Software ist dann auch das farblich invertierte Bild entstanden, welches noch einmal deutlich mehr von den feinen und dunklen Strukturen zeigt."
Soweit also zum kleinen "WHAT-Seestar-Projekt" An dieser Stelle sei nochmals allen beteiligten für die Zusammenarbeit gedankt! Und Mario Keller außerdem für die Idee und das Erarbeiten des fertigen Fotos!