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Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück:

NGC 2264 mit Konusnebel

(Bericht von Dr. Burkhard Lührmann, Februar 2019)

Nach mehr als drei Monaten wurden zum 25. bis 27. Februar 2019 im Osnabrücker Raum endlich wieder drei klare Nächte hintereinander prognostiziert. Und es traf zu!

Meine astronomische Vorliebe gilt insbesondere der Fotografie von großflächigen Emissions- und Reflexionsnebeln. Diese sind leider fast nur in den Himmelsbereichen der Milchstraßenscheibe zu finden. Da man sich Ende Februar ab Beginn der astronomischen Dunkelheit bereits wieder deutlich von der Winter-Milchstraße entfernt, können nur die ersten Nachthälften genutzt werden. Meine Wahl fällt auf ein sehr interessantes Gebiet, das in der Wissenschaft mit dem Katalognamen NGC 2264 beschrieben wird. Die Sterne des zugehörigen offenen Sternhaufens wurden schon 1785 vom deutsch-britischen Astronom Wilhelm Herschel entdeckt und liegen im Sternbild Einhorn (Monoceros), etwa zwischen den beiden hellen Sternen Prokyon und Beteigeuze.

Auf meiner Balkon-Sternwarte kommen dafür die CCD-Kamera Moravian G3-16200 an dem Refraktor Takahashi TOA-130 auf einer 10-Micron Montierung GM 2000 QCI zum Einsatz. Mit dem Fattener FL-67 wird bei 1000mm Brennweite eine Fotofeldbreite von 1,6° mit einer theoretischen Pixelauflösung von 1,2“ erreicht. Mithilfe der LRGB-Filter der Astrodon Gen 2 E-Series und dem Astrodon Narrowband H-alpha 3nm entstehen folgende Bildkomponenten.



Für die Farbkanäle R, G, B werden jeweils 15 Subframes mit 240s belichtet. Die Luminanz-Komponente ist das Resultat aus 40 aufaddierten Belichtungen zu je 240s. Als ergänzende Bildinformation kommen noch 16 Subframes mit jeweils 600s Belichtungszeit mit H-alpha-Filter hinzu. Es ist bereits hier erkennbar, dass die drei Komponenten teilweise sehr unterschiedlich ausfallen. Das Luminanzbild ist erheblich detailreicher als das farbige RGB-Bild, während die H-alpha-Komponente in einigen Bereichen mehr und anderswo weniger Struktur besitzt als die Luminanz.

Alle Bearbeitungen finden in PixInsight statt. Vereinigt man die Chrominanz- mit der Luminanz-Komponente, entsteht dieses bereits astrometrisch vermessene LRGB-Ergebnis.



Um gleich zum markantesten Teil zu kommen: Im unteren Bereich ragt eine kegelstumpfförmige Dunkelwolke ins Bild, der Konusnebel. Er verdeckt das ziegelrot erscheinende Licht einer interstellaren Wolke. Darüber zur Bildmitte hin befindet sich ein großflächigerer diffuser Nebel, welcher eher karminrot erscheint. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass in der Bildbearbeitung eine fotometrische Farbkalibrierung der Sterne anhand der Datenbanken des CDS Strasbourg durchgeführt wurde. Die bläulich erscheinenden hellen Sterne bilden einen offenen Sternhaufen, der bei visueller Betrachtung durch ein Teleskop wie die Schmuckkugeln eines Weihnachtsbaumes aussehen.


Simuliertes Teleskopbild, das auf dem Kopf steht (Christmas Tree cluster).

Die Gesamtheit dieser beiden roten Nebel, dem dunklen Konusnebel und dem Weihnachtsbaum-Sternhaufen wird als NGC 2264 katalogisiert.

Um die H-alpha-Aufnahmen mit dem LRGB-Bild zu vereinigen, müssen zunächst alle Sterne aus der H-alpha-Komponente entfernt werden. Andernfalls würden die Sterne farblich verfälscht werden. Die Entfernung geschieht mithilfe von Sternmasken, morphologischer Erodierung und Stempelfunktion. So entsteht dieses strukturreiche Bild:



Das Ergebnis der Vereinigung mit dem H-alpha-Schmalband sieht dann so aus:



Diese finale Bearbeitung enthält neben Bias, Darks und Flats insgesamt 8 Stunden und 20 Minuten Belichtungszeit bei -30°C Sensortemperatur. Gegenüber dem LRGB-Bild sind die Emissionsbereiche bei 656,3 nm deutlich überhöht, sodass ein Großteil des Bildes rot erscheint. Eine Ausschnittsvergrößerung der oberen linken Ecke zeigt den farbigen Hintergrund.



Hier tritt der interessante Ausdehnungsbereich eines gewaltigen H-II-Gebiets in Erscheinung. Diese interstellare Wolkenlandschaft besteht aus ionisiertem atomaren Wasserstoff, also einem Plasma aus einzelnen Protonen. In einer Zeitperiode von einigen Millionen Jahren entstehen hier durch lokale Verdichtungen tausende neuer Sterne. Weiter unten am linken Bildrand lockert sich die Struktur etwas auf …



…, wogegen unten rechts die leuchtenden Gase fast fehlen und durch schwach streuenden Staub in den bläulichen Farben der umliegenden Sterne ersetzt werden.



Dies führt zu einem sehr abwechslungsreichen Bild, das noch durch Dunkelwolken, die fast schwarz erscheinen, bereichert wird.



Das folgende Bild zeigt einen Ausschnitt mit besonders hoher Aktivität leuchtenden Gases.



Die jungen, heißen, bläulichen Sterne senden große Mengen ultraviolettes Licht aus, das den etwa 2600 Lichtjahre von der Erde entfernten Nebel ionisiert und NGC 2264 eine scheinbare Helligkeit von 4,1 mag verleiht. Der weislich-bläuliche Nebelanteil entsteht durch Streuung an Staub. So überlagern sich hier Emissions- und Reflexionsnebel. Es ist ein massives Mehrsternsystem, das erst vor wenigen Millionen Jahren aus Staub und Gas entstand. In großen Bereichen haben die Sternwinde der massereichsten Sterne oder vereinzelte Supernova-Explosionen bereits dazu geführt, dass das Gas des H-II-Gebietes zerstreut wurde. Zukünftig wird nur ein offener Sternhaufen zurückbleiben.

Neben diesem zentralen Cluster gibt es viele weitere wunderschöne Strukturen aus wirbelndem Gas und Staub, welche die Fantasie anregen. So kann man in der folgenden pelzartigen Textur einen Fuchs erkennen. Deshalb wird diese Region auch Fuchspelznebel genannt.



Im nördlichen Bereich befinden sich rote Gasstrukturen, die wie Verdichtungswellen und Stoßfronten aussehen.



Man muss bedenken, dass die gesamte rote Fläche nur ein kleiner Bruchteil einer gigantischen Wolke aus molekularem Gas ist (H-I-Gebiet), die sich noch viel weiter ausdehnt und sogar eine Wasserstoffbrücke bis zum Rosettennebel schlägt.
Besonders viele Sternentstehungsgebiete befinden sich aber zwischen den hellsten Sternen des Clusters und der Spitze des Konusnebels. Sie sind durch intensive Winde verborgener jugendlicher Sterne (Protosterne) nachgewiesen worden.

Besonders eindrucksvoll ist aufgrund seiner Form der südlich gelegene Konus- oder Kegelnebel. Diese Dunkelwolke besteht aus dichtem Gas und Staub, was die Strahlung der dahinter liegenden Region blockiert.



Auch hier entstehen im Inneren neue Sterne, die erst später durchscheinen, wenn sie das ihr Licht verdeckende Gas vertrieben haben. Die auf der Oberfläche des Kegels zu sehenden Strukturen entstehen durch Streuung und Anregung der ultravioletten Strahlung des etwa scheinbar 30’ entfernten Sterns 15 S Mon, siehe zweite Abbildung.

Zum Abschluss ist eine Pixel-to-pixel-Darstellung eines Bildausschnitts in voller Höhe zu sehen.



Die drei klaren Nächte haben sich gelohnt!


Literatur/Infos:
ESO: A Sparkling Spray of Stars
NASA: HubbleSite
Welt der Physik: Stefan Funk, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
ScienceBlogs: Florian Freistetter, NGC 2264 und die Farben im Weltraum




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