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Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück:

Exoplaneten mit eigener Öffnung

(Bericht von Thomas Grunge im Oktober 2019)

Die Zahl der entdeckten Planeten außerhalb unseres eigenen Sonnensystems, sogenannte Exoplaneten, stieg in den letzten Jahren rasant an. Mit hohem technischen Aufwand, durch boden- und weltraumgestützte Instrumente, konnten bis jetzt (Oktober 2019) mindestens 4500 Planeten in fremden Sternsystemen nachgewiesen werden. Mitglieder der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Osnabrück haben bereits mehrfach öffentlich über die Satelliten und Sonden zur Exoplanetenjagd referiert.


Kann der Nachweis auch mit der eigenen Astroausrüstung gelingen?

Da ich bereits variable Sterne photometriert hatte und Erfahrungen in der Erstellung von Lichtkurven sammeln konnte,  entschied ich mich für die Transitmethode. Hierbei wird die Absenkung der Sternhelligkeit gemessen, wenn der Exoplanet aus Sicht der Erde vor einem Stern vorüberzieht.

Mit der bereits in der Photometrie bewährten Astroausrüstung sollte der Nachweis versucht werden. Als Aufnahmeoptik wurde ein 7-Zoll Maksutov mit 1,78m Brennweite mit SBIG-ST10 CCD-Kamera eingesetzt. Die Nachführung erledigte eine Losmandy G11-Montierung. Steuerung von Teleskop, Montierung und Kamera, sowie die Erstellung der Aufnahmeserie erfolgte mit AstroArt 7.


Einen Transit beobachten, aber wen und wann?

Das Internet bietet hierfür einige Quellen. Mit der englischsprachigen Seite des Swarthmore College (https://astro.swarthmore.edu/transits.cgi) habe ich gute Erfahrungen gemacht. Wichtige Eingaben sind hier der eigene Standort, minimale Sternhöhe und die Beschränkung der Helligkeitsabsenkung. Man erhält eine Aufstellung der in nächster Zeit stattfindenden Transits mit vielen Informationen, die für die erfolgreiche Durchführung einer Transitmessung nötig sind.


Exoplanet HAT-P-19b

HAT-P-19b liegt im Sternbild Andromeda, ca. 1° ENE von Pi Andromeda.



HAT-P-19b wurde 2010 entdeckt. Er umkreist einen ca. 700 Lichtjahre entfernten K-Typ Stern mit einer visuellen Helligkeit von 12.9 mag. Der  Durchmesser des Exoplaneten ist leicht größer als der von Jupiter, er bringt dabei aber nur ca. 1/3 der Jupitermasse auf die Waage. Für einen Umlauf benötigt er nur 4 Tage, was eine sehr geringe  Entfernung von nur 0,05 Astronomische Einheiten zu seinem Stern bedeutet. Genaue Werte zu HAT-P-19b findet man auf Exoplanets.org.


Aufnahmen von HAT-P-19b am 20./21.09.2019 22:40–06:00 Uhr MESZ

Vom 19.-22.09.2019 waren die Nächte in Dissen am Teutoburger Wald klar und windstill. Auf der Internetseite des Swarthmore College waren die Beobachtungsparameter für HAT-P-19b für den 20./21.09.2019 schnell gefunden. Unter den Exoplaneten gehört eine Absenkung der Sternhelligkeit von 20.1mmag schon zu den starken Signalen. Also genau richtig!

Um HAT-P-19b genau in der Bildmitte zu positionieren wurde das Plate Solving Tool von Astroart 7 verwendet. Die V-Helligkeit des Sterns liegt bei 12.9 mag und konnte mit der o.g. Optik gut ausbelichtet werden. Dazu wurden vorab Testaufnahmen gemacht, um Belichtungszeit und Schärfe zu ermitteln. Ich nutzte die CCD-Empfindlichkeit zu 2/3 aus. Alle Aufnahmen wurden mit einer Belichtungszeit von 180 Sekunden mit 2x2 Binning bei -25°C Sensortemperatur durchgeführt. Die Schärfe der Aufnahme sollte für die Photometrie optimal eingestellt sein. Ich stelle in der Regel nie genau scharf, sondern stelle den Fokus so ein, dass der FWHM-Wert des Sterns bei mindestens 4 Pixeln liegt. Die Schärfe wird während der Aufnahmeserie kontrolliert und ggf. nachgestellt.
Der Transit selbst war von 01:31 Uhr bis 04:22 Uhr, dauerte also nur 2:50 Stunden. Es ist wichtig genügend Zeit vor und nach dem Transit einzuplanen, um den Lichtabfall in der Lichtkurve gut zu dokumentieren. Die Transitzeiten können zudem etwas abweichen. Deshalb begann ich die Aufnahmen schon um 22:40 Uhr. Insgesamt wurden 139 Aufnahmen erstellt.

Der Stern erreichte etwa zur Mitte des Transits mit ca. 75° den höchsten Punkt am Himmel. Das war im Grunde optimal, bedeutete jedoch einen Meridianflip des Teleskops mitten in der Aufnahmeserie.  Bis alles wieder richtig läuft vergehen dabei einige Minuten ohne Aufnahmen. Der Meridianflip wurde gegen 03:00 Uhr durchgeführt.
Zum Abschluss der Aufnahmen wurden je 16 Darks, Flats und Flatdarks gemacht. Das ist Pflicht, will man einen Helligkeitsabfall von einigen tausendstel mag nachweisen!


Außenbedingungen in dieser Nacht

Um die Ergebnisse aus Aufnahmeserien besser interpretieren zu können, dokumentiere ich Wetterbedingungen und Himmelqualität. Dazu nutze ich ein Notizbuch, in das ich Anmerkungen zum Wetter, Teleskopsetup, Zeiten wie Beginn, Flip, Ende sowie Objektbezeichnung, etc. eintrage. Parallel dazu führt eine selbstgebaute Allsky-Kamera, ein AAG-Cloudwatcher und ein SQM-LE die gesamte Nacht über automatisch Messungen durch.



Der Mond ging am 20.09.2019 schon um 22:26 Uhr auf, war zu 61% beleuchtet, 59° von HAT-P-19b entfernt und die gesamte Aufnahmeserie über am Himmel zu sehen. SQM-L-Werte im Zenit waren zu Beginn der Aufnahmeserie noch bei 20.19 mag/arcsec^2, verschlechterten sich durch den immer höher stehenden Mond bis zum Ende kontinuierlich auf 17.89 mag/arcsec^2.



Die Außentemperatur senkte sich von 12.8°C zu Beginn auf 9.6°C zum Ende hin ab; es wurde deshalb mehrmals der Fokus kontrolliert. Die relative Luftfeuchte schwankte in einem Bereich von 69% - 81%, sodass keine Gefahr der Taubildung bestand. Der Windmesser zeigte absolut keine Windbewegung an. Die Himmelstemperatur lag fast konstant bei -17°C, es zogen also keine Wolken oder Schleierbewölkung durch.



Auch das Keogramm, eine  Aneinanderreihung der mittleren Spalte aus den Allsky-Aufnahmen, zeigt durchgehend klaren Himmel. Das Seeing, soweit aus der Vermessung der Stern-FWHM-Werte zu erkennen, war besser als 4.5 Bogensekunden.

Insgesamt waren die Beobachtungsbedingungen gut, sieht man vom Mond ab.


Auswertung der Aufnahmen

Vor der Auswertung ist es wichtig den Stern mit Exoplanet in seinen Aufnahmen zu erkennen. Eine genaue Vergleichskarte kann mit dem Variable Star Plotter der AAVSO erstellt werden. Die Auswertung wurde, wie schon in meinen photometrischen Aktivitäten mit variablen Sternen, mit Muniwin 2.x durchgeführt. Das Programm erlaubt die Photometrierung und Auswertung einer ganzen Aufnahmeserie. Im Grunde kann man die Software mit den Standardparametern laufen lassen. Danach können einzelne Einstellungen verändert werden, um das Ergebnis zu optimieren. Wichtig aus meiner Sicht ist die Erstellung es eigenen Kameraprofils und die Aktivierung des „Matching algorithm for dense fields“. Er stellt sicher, dass die Zuordnung der Sterne in den gedrehten Bildern nach dem Medianflip richtig erfolgt.

Vor der Erstellung einer Lichtkurve müssen in Muniwin Darks, Flats und Flatdarks erstellt werden. Danach kann die Bearbeitung der eigentlichen Aufnahmen erfolgen. Eine Korrektur der Aufnahmen auf UTC ist ein wichtiger Punkt, damit später die Daten in Datenbanken abgelegt werden können. Die Erstellung der Lichtkurve beginnt danach mit der Eingabe des Objekts und des Beobachtungsortes.

Anschließend ist die Auswahl einiger Vergleichssterne sowie ein Checkstern in der Nähe des Exoplaneten nötig. Im Vorfeld sollte man sich über den Farbindex, genauer über den b-v Wert, der Vergleichs- und Checksterne informieren. Denn nur ähnliche b-v Werte machen hier Sinn. Farbindices oder B- und V-Helligkeiten können z.B. mit Cartes du Ciel in Verbindung mit Online-Sternkatalogen wie Simbad ermittelt werden.

Für die Lichtkurve von HAT-P-19b wurden folgende drei Vergleichsterne und ein Checkstern verwendet:





Mit Hilfe des Checksterns wurde die optimale Blende (3.82 Pixel) ermittelt und die Lichtkurve erstellt.



Die Lichtkurve zeigt deutlich die Absenkung der Helligkeit von ca. 20 mmag während des Exoplanetentransits. Die kleine Lücke in der Mitte des Transits ist die ca. 10-minütige Pause, die durch den Medianflip auftrat. Mit eigener Öffnung können also gut Exoplaneten nachgewiesen werden. Es wird bestimmt nicht mein letzter Exoplanet sein.


Auswertung der Lichtkurve im Internet

Die Tschechische Astronomische Vereinigung bietet die Möglichkeit eigene Lichtkurven analysieren zu lassen und die Ergebnisse in einer Datenbank zu speichern. Muniwin kann die benötigten Daten ausgeben, die dann hochgeladen werden. Die Auswertung meiner Messung ist unter folgendem Link zu sehen.


Weitere Infos

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Exoplanet
The HATNet Exoplanet Survey: https://hatnet.org/
Exoplaneten für Amateure: https://www.bav-astro.eu/Rundbriefe/RB2011-4/261.pdf




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