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M81-Gruppe

(Bericht von Dr. Burkhard Lührmann, April 2019)

Das Frühjahr ist gekommen. Für uns Amateur-Astronomen bedeutet dies, dass die Nächte leider wieder kürzer werden und für die Deepsky-Astrofotografie hauptsächlich Galaxien übrig bleiben. Da mir nur eine maximale Brennweite von 1000mm zur Verfügung steht, habe ich die M81-Gruppe als Zielobjekt ausgesucht. Zu dieser Galaxiengruppe gehören die bekanntesten Mitglieder Messier 81 (M81), von welchem sich der Name ableitet, und Messier 82 (M82). Sie liegen im Sternbild Großer Bär und wurden am 31.12.1774 vom deutschen Astronomen Johann Elert Bode entdeckt und später von Charles Messier in seinen Katalog aufgenommen. Der scheinbare Durchmesser der ersten Galaxie (Bodes Galaxie) von etwa 30 Bogenminuten lässt also für mich noch die Betrachtung einiger Details zu.

In den Nächten am 26.02. und 1.04.2019 nutze ich auf meiner Balkon-Sternwarte die CCD-Kamera Moravian G3-16200 an dem Refraktor Takahashi TOA-130 auf einer 10-Micron Montierung GM 2000 QCI. Mit dem Fattener FL-67 wird bei 1000mm Brennweite eine Fotofeldbreite von 1,6° mit einer theoretischen Pixelauflösung von 1,2“ erreicht. Mithilfe der LRGB-Filter der Astrodon Gen 2 E-Series und dem Astrodon Narrowband H-alpha 3nm entstehen Bildkomponenten, von welchen hier nur kleine Ausschnitte um M81 abgebildet sind.



Für die Farbkanäle R, G, B werden 21, 20 bzw. 22 Subframes mit 240s belichtet. Die Luminanz-Komponente vereinigt 62 Belichtungen zu je 240s. Als zusätzliche Bildinformation kommen noch 9 Subframes mit jeweils 600s Belichtungszeit mit H-alpha-Filter hinzu. Hierbei sind in der Abbildung bereits alle Sterne aus unserer Milchstraße weitgehend entfernt worden.

In PixInsight werden die Einzelkomponenten vereinigt, gestreckt und im Kontrast verbessert, sodass folgendes Endergebnis entsteht.



Diese finale Bearbeitung enthält neben Bias, Darks und Flats insgesamt 9 Stunden und 50 Minuten Belichtungszeit bei -30°C Sensortemperatur. Um zu verhindern, dass die H-alpha-Aufnahmen der Emissionsbereiche bei 656,3 nm die Sternfarben im LRGB-Bild farblich verfälschen, sind die Sterne mithilfe von Masken, morphologischer Erodierung und Stempelfunktion vor der Vereinigung entfernt worden.

Im folgenden Bild sind die astrometrische Vermessung und einige Objektbezeichnungen zu sehen.



Die M81-Gruppe ist ein Galaxienhaufen, der sich mit etwa 12 Millionen Lichtjahren in unmittelbarer Nachbarschaft zur Lokalen Gruppe befindet, zu welcher neben unserer Milchstraße auch die Andromeda-Galaxie gehört. Insgesamt befinden sich in der M81-Gruppe an die 60 Galaxien, die sich über die Sternbilder Großer Bär und Giraffe mit einer Winkelausdehnung von etwa 40° × 20° erstrecken (5,9 × 2,9 Millionen Lichtjahre). Die M81-Gruppe und die Lokale Gruppe gehören wiederum mit einigen anderen Galaxiengruppen dem Virgo-Superhaufen an, welcher den Virgo-Galaxienhaufen als Zentrum besitzt. Es wird angenommen, dass sich die M81-Gruppe ebenso wie die Lokale Gruppe auf das Zentrum des Virgo-Galaxienhaufens zubewegt.
Das Zentrum der M81-Gruppe bilden die Galaxien M81, M82 und NGC 3077.

Im folgenden Ausschnitt zeigt sich M81 mit einem Durchmesser von etwa 82.000 Lichtjahren und ihrem schönen symmetrischen Aufbau, was sie zu einer der prächtigsten Galaxien am nördlichen Himmel macht.



Als eine Spiralgalaxie vom Typ SBb weist sie deutlich ausgeprägte Spiralarme auf. Sie sind an ihrer Innenseite von dünnen Staubbändern begrenzt, wie in dieser Pixel-to-pixel-Darstellung noch deutlicher wird.



Wie sich aus UV-Bildern ergibt, sind die jungen Sterne, die sich in den Spiralarmen von M81 befinden und den leicht bläulichen Schimmer verursachen, weniger als 100 Mio. Jahre alt. Sie scheinen von den älteren Sternen im hellen diffusen Zentrum der Galaxie separiert zu sein.
Die im H-alpha-Licht rötlich erscheinenden zahlreichen Knoten in den Spiralarmen weisen auf vermehrte Sternentstehungsprozesse hin. Man nimmt an, dass es vor ein paar hundert Millionen Jahren eine sehr nahe dramatische Begegnung von M81 und M82 gab. Sie löste Schockwellen aus, die lokale Wolken aus interstellarem Gas und Staub komprimierten und zu vielfachem Kollaps mit Entstehung neuer Sterngenerationen führten.

Für Messier 82 waren die Auswirkungen der nahen Begegnung mit ihrer Nachbargalaxie noch erheblich heftiger. Die Sternentstehungsrate ist in ihrem Zentralbereich um ein Vielfaches höher als in normalen Spiralgalaxien, beispielsweise unserer eigenen Milchstraße. Sie wurde zu einer sogenannten Starburst-Galaxie. Auch heute interagieren beide Galaxien noch durch ihre Gravitationskräfte. Die folgende Abbildung zeigt eine Ausschnittsvergrößerung.



Die gewaltigen Strahlungsmengen der neu entstandenen, massereichen Sterne im Zentrum von M82 erzeugen einen galaktischen Superwind, der immense Mengen Gas und Staub senkrecht zur galaktischen Ebene nach oben und unten in den intergalaktischen Raum treibt. Durch den Starburst entstehende Supernova-Explosionen verursachen zusätzliche Turbulenzen. Die abgestoßene Materie erscheint hier im H-alpha-Spektrum rötlich. Im Infrarot-Spektrum größerer Wellenlängen sind die abgestoßenen Gasmengen noch erheblich deutlicher zu sehen. Bei den inneren braun-orange farbenen Bereichen handelt es sich eher um Staub.
Messier 82 erscheint im sichtbaren Wellenlängenbereich als schmaler Balken, weshalb sie auch Zigarrengalaxie genannt wird. Sie ist wahrscheinlich nicht irregulär, sondern vom Typ SBc und erscheint mit ihrem Durchmesser von 40.000 Lichtjahren sehr hell.

Das in unserem Gesamtbild scheinbar drittgößte Objekt ist die elliptische Galaxie NGC 3077.



Ihr Durchmesser beträgt etwa 20.000 Lichtjahre. Auch sie interagierte vor etwa 300 Mio. Lichtjahren mit M81, wodurch ein Wasserstoffband zwischen ihnen entstand, in welchem neue Sterne entstehen. Durch spezielle Bildverarbeitung habe ich versucht, einen derartigen intergalaktischen Nebel herauszuarbeiten:



Der nebelartige Zirrus, der hier im ganzen Bild erkennbar wird, ist aber vielmehr der schwache Glanz des Integrierten Flussnebels, ein wenig erforschter Komplex aus diffusen Gas- und Staubwolken in unserer Milchstraße, durch welchen wir hindurchschauen; also nicht intergalaktisch! Dieser „Integrated Flux Nebula“ wurde erst 1975 von Alan Sandage mit dem 1,2m-Palomar Schmidt Teleskop entdeckt.

Zum zentralen Bereich der Gruppe gehören weiterhin die irreguläre Zwerggalaxie Holmberg IX (Ho IX, siehe oben).  Sie weist eine Ähnlichkeit zu den Magellanschen Wolken auf, den zwei Zwergbegleitersystemen der Milchstraße.

Weitere Mitglieder der M81-Gruppe wie z.B. die Spiralgalaxie NGC 2403 liegen weiter außerhalb des Aufnahmebereichs entfernt.

Das eigentliche Ziel der Astrobildaufnahme war es, eine Komposition der drei beschriebenen Galaxien M81, M82 und NGC 3077 als zentralen Kern der M81-Gruppe im Hochformat darzustellen. Es ist aber wirklich überraschend, wenn dieser kleine Ausschnitt des Sternenhimmels auf weitere Galaxien hin durchsucht wird. In der folgenden Abbildung ist jede gefundene Galaxie mit einer roten Kreismarkierung versehen.



Ich habe hier allein 84 weitere Galaxien entdecken können!

Zum Abschluss möchte ich noch einen größeren Bildausschnitt präsentieren, welcher Bodes Galaxie und die Zigarren-Galaxie enthält.



Beide Galaxien werden noch mehrere nahe Begegnungen erfahren und sich langsam aber sicher immer näher kommen, bis sie schließlich miteinander verschmelzen und in einigen hundert Millionen Jahren eine elliptische Riesengalaxie bilden.

Spannend! Der NVO wird das weiter verfolgen. Bleiben Sie dran!


Literatur/Infos:
Wikipedia: M81-Gruppe, Messier 82, NGC 3077
MPI für Radioastronomie: Galaxiengruppe um M81
Astropage.eu: Der kosmische Tanz der Galaxien M81 und M82, 2014
Astrode.de: M81
Starobserver: Die M81-Galaxiengruppe durch den Integrierten Flussnebel, 2008




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